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Exkursion nach Kleinasien (19. September bis 02. Oktober 2004)
Die vom DAAD geförderte Exkursion des Instituts für Römisches Recht der Universität zu Köln unter der Leitung von Professor Dr. Martin Avenarius nach Kleinasien in der heutigen Türkei fand wie geplant vom 19.09. bis zum 02.10.2004 statt. Die Exkursion sollte dem Zweck dienen, die im zivilrechtlich-romanistischen Seminar zum Thema „Die universitas im römischen Recht“ erarbeiteten Kenntnisse über die rechtliche Verfaßtheit antiker Gemeinwesen zu erweitern und vertiefen.
Die Reise führte zu zahlreichen Stadtgemeinden und Heiligtümern wie Ilion/Troia, Pergamon, Ephesos, Milet und Didyma. Die noch heute ungemein beeindruckende Anlage und Architektur der antiken Städte, durch die uns in Pergamon und Priene die dort schon langjährig arbeitenden Archäologen persönlich (Professor Radt und Professor Raeck) führten, faszinierte alle Teilnehmer. Schon bald war man mit den wichtigsten Bauten, den Tempeln, den Theatern, den Thermen, und ihren Funktionen auf gesellschaftlich-rechtlicher Ebene so vertraut, daß Vergleiche zwischen den kleinasiatischen Poleis untereinander - und immer wieder auch zu Rom - gezogen und unsere juristischen Kenntnisse auf diese Weise um viele konkrete Details vertieft werden konnten.
Besonders beeindruckte uns die vielseitige Nutzung und der enge bauliche Zusammenhang der einzelnen Funktionsbauten, an denen sich die enge Verflechtung der privaten und der öffentlichen Sphäre in antiken Gesellschaften - und damit ein wichtiger Aspekt zum Verständnis ihrer rechtlichen Verfaßtheit - deutlich erkennen ließ. In diesem Zusammenhang wurde auch die Bedeutung des häufig genannten Ausdrucks der antiken „face-to-face-society“ mit Händen greifbar - so etwa, wenn wir gemeinsam die Akkustik von Theateranlagen erprobten oder die Positionierung von Ehreninschriften und -statuen wichtiger Bürger im gesamten Stadtgebiet seiner Polis vor Ort nachvollziehen konnten.

Hilfreich war während der gesamten Exkursion auch der über 180 Seiten umfassende Exkursionsreader, den jeder Teilnehmer bekommen hatte und in dem Fachliteratur sowohl zu den einzelnen besichtigten Poleis und deren grundlegenden Strukturelementen als auch Grundlagenwissen zu klassischer Archäologie und Geschichte vermittelt wurde. Sehr erfreulich war die unbefangene Beteiligung gerade der jüngeren Studenten, die mit Sicherheit in besonderem Maße von der Exkursion und dem Diskussionsklima profitiert haben. Die gemeinsame Entzifferung griechischer Inschriften entwickelte sich regelrecht zu einem Sport, sodaß sich zumeist rasch Trauben von Exkursionsteilnehmern um diese Inschriften bildeten.
Am 22.09.2004 fand ein Treffen mit den Romanisten der Universität Izmir statt. Zunächst besichtigten wir die dortige Fachbibliothek zum römischen Recht. Der Einblick in die in Deutschland kaum rezipierte türkische Fachliteratur war für uns sehr interessant und mündete bereits in einen ersten Austausch von Literatur zum römischen Recht. Im Dozentenzimmer wurde dann bei einigen Gläsern türkischen Tees über die Rolle des römischen Rechts in der türkischen und in der deutschen Juristenausbildung diskutiert.
Landeskundliche Erfahrungen ergänzten die Exkursion. Dabei bildeten die Besuche des bronzezeitlichen Troia und der Kreuzritterburg in Bodrum gewissermaßen die historischen wie geographischen Eckpunkte unserer Reise. Auch die Besuche im Hamam und beim Barbier sowie der belebte Bazar von Tire waren sehr eindrucksvoll. Insbesondere vor dem Hintergrund der derzeit in der Öffentlichkeit geführten Debatte um einen möglichen EU-Beitritt der Türkei waren gerade die landeskundlichen Programmpunkte der Exkursion von großem Interesse und gaben häufig den Anstoß zu Diskussionen.
Auf einer ganz grundsätzlichen Ebene dürfte ein nicht unbedeutender Ertrag der Exkursion darin liegen, die Studenten in großer Anschaulichkeit dafür sensibilisiert zu haben, wie grundlegend wichtig der historische Kontext einer Rechtsordnung für ihr Verständnis ist. Die verschiedensten steinernen Überreste, die auf den ersten Blick auch von einer modernen Warte aus überzeugend interpretierbar zu sein schienen, entpuppten sich jedoch nach längerer Diskussion über ihre historische Einordnung als Zeugnisse einer von der unseren sehr verschiedenen gesellschaftlichen Realität. In einer unmittelbaren Anschaulichkeit, die eine Seminarveranstaltung so allein nicht leisten kann, wurde so der Blick für die Bedeutung und die Probleme der rechtshistorischen Quellenarbeit entscheidend geschärft.
Insgesamt läßt sich eine durchweg positive Bilanz der Reise ziehen, von deren Ertrag in wissenschaftlicher wie auch allgemeinbildender Hinsicht nicht nur jeder einzelne Teilnehmer, sondern auch durch die Intensivierung des Kontakts zu den Romanisten in Izmir nicht zuletzt das Institut für Römisches Recht dauerhaft bereichert sein wird.
Einzelheiten zu den besuchten antiken Stätten Troia [5] Pergamon [9]
Izmir (Smyrna) [14], Ephesos [22], Priene [31], Didyma [33], Milet [32], Sardis [16], Aphrodisias [28],
Euromos [35],
Halikarnassos [37],
Herakleia [34],
Magnesia am Mäander [30] und
Hierapolis [29].
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